400
Xxi. §. 5. Kreuzzug wider die Wenden.
senherzögen eingesetzten Markgrafen im Wendenland und die Erz-
bischöfe von Magdeburg hatten nun fast hundert Jahre hindurch zu-
gesehen, wie alle christlichen Stiftungen im Wenden lande zwischen
Elbe und Oder immer auf's Neue wieder von den empörten Heiden
vernichtet wurden, also daß auf dem rechten Elbufer nur gar wenig
Christen zu finden waren. Als nun Bernhard von Clairvaux
im Namen des Papstes Eugen die Deutschen zur Kreuzfahrt nach
Jerusalem aufforderte, antworteten mehrere norddeutsche Fürsten ganz
verständig: sie hätten Heiden genug in der Nähe zu bekämpfen und
brauchten deshalb nicht erst nach Asten zu ziehen. Dem frommen
Bernhard war solche Antwort höchst befremdend. Er hatte gar
nicht geglaubt, daß an den Grenzen, ja eigentlich im Schooße des
deutschen Reichs die Heiden seit Jahrhunderten von den christlichen
Fürsten in Ruhe gelassen wurden. Er strafte die Fürsten hart ob
solcher Säumigkeit und betrieb jetzt selbst die Unternehmung eines
Kreuzzuges gegen die heidnischen Wenden mit größtem Eifer. Die-
selben Gnaden und Segnungen wie den Kreuzfahrern gegen Jeru-
salem sollten denen zu Theil werden, die das wendische Kreuz näh-
men (1147). Es war ihrer eine ziemlich bedeutende Zahl, an der
Spitze der Herzog von Sachsen Heinrich der Löwe und dessen
Schwiegervater Herzog Konrad von Zähringen (dessen Besitzungen
im Elsaß, Baden, Schweiz und Burgund zu suchen sind). An 100,000
Streiter zogen mit ihnen. Sie theilten sich in zwei Haufen. Der
eine wandte sich gegen Niclot, den Obotritenfürst, dessen Reich an
dem Ufer der Ostsee entlang etwa von Lübeck bis nach Stralsund
reichte. Der andere zog von Magdeburg aus gegen die untere
Oder. Große Kriegsthaten sind freilich nicht geschehen; aber der
Hauptzweck des Zuges wurde erreicht. Der Schrecken über solch ein
gewaltiges, von kirchlichem Eifer erfülltes Heer war unter den Wen-
den so groß und wirkte so nachhaltig, daß überall das Christenthum
ohne Widerstreben zugelassen wurde. Ueberall wurden Kirchen und
Klöster, Domstister und Schulen neu gegründet oder wiederhergestellt;
Priester und christliche Ansiedler aus Deutschland kamen in's Land;
der Herzog von Sachsen und seine Grafen konnten ungestört und
mit fester Hand die christliche Herrschaft führen, und wenn auch lang-
sam, so ging doch Schritt vor Schritt das bisher so widerspenstige,
rohe, abgöttische Volk einer völligen Umwandlung entgegen. Der
letzte heidnische Tempel, der umgestürzt wurde, war der Tempel des
Svan tev i t auf der Nordspitze Deutschlands, zu Arcona auf Rügen;
er wurde 1169 von den Dänen zerstört.
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Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Clairvaux Eugen Bernhard Heinrich_der_Löwe Heinrich Konrad_von_Zähringen Konrad
Xxl §. 7. Das Königreich Jerusalem und der dritte Kreuzzug. 403
das Gepränge, nicht die Tapferkeit und Gewalt ist es, welche das
Reich Gottes bringt, sondern die Umwandlung des Sinnes. Im
Königreich Jerusalem, wie hätte es auch anders sein sollen? war
nichts Anderes zu sehen, als die Wiederholung und Fortsetzung ganz
desselben sündlichen Lebens und Wesens, was in der abendländischen
Christenheit vor Augen lag. Ja, es war dort noch viel schlimmer.
Das südliche Klima, die asiatische Weichlichkeit und Genußsucht hatte
schnell auf die roheren und kräftigen Söhne des Nordens entnervend
und entsittlichend eingewirkt. Das heilige Land war ein Tummel-
platz der gemeinsten fleischlichen Lüfte geworden. Auf dem neuerrich-
teten stolzen Kirchenthron des Patriarchen von Jerusalem, bald auch
auf dem königlichen Stuhle der Hcrrscherfamilie, in Jerusalem wie
in Edeffa, Tyrus, Tripolis und Antiochien hatten Lasterhaftigkeit,
Lüge, Niederträchtigkeit aller Art ihren weithin sichtbaren Sitz aufge-
schlagen. Ueppige Wollust, schlaffe Trägheit, schändlicher Geiz,
unbändige Herrschsucht, das sind die Züge, welche die ganze dama-
lige Einwohnerschaft des heiligen Landes zur Schau trug. Selbst
ein christlicher Zeitgenosse schildert sie als Ungeheuer von Lastern,
deren Verworfenheit Niemand in ihrer ganzen Nacktheit für möglich
halten würde. Diesem verfaulten Christenstaat gegenüber hatte der
Herr eben jetzt einige der edelsten Erscheinungen des natürlichen
Menschen gestellt, nämlich ein Paar Mohamedaner, die nicht so sehr
von dem antichristischen Gift, alö von dem Rest des Gottcsodems,
der auch in dem jämmerlichen Trugwerk des Koran noch zu finden
ist, mit erfrischender Kraft berührt und angehaucht waren. Die bei-
den gerechten, milden, großherzigen Saracenenfürsten Nureddin und
nach ihm der noch größere Sala din traten zur Schande der Chri-
stenheit als Lichter hervor, welche die greuliche Nacht christlicher Ver-
worfenheit um so greller beleuchten. Voll Ekel wandten sich selbst die
gemeinen Saracenen hinweg von den elenden Streitigkeiten der christ-
lichen Fürsten, den noch schändlicheren der Patriarchen und Bischöfe,
die mit schamloser Oeffentlichkeit geführt wurden. Ja Kreuzfahrer,
angesehene Ritter, hochgestellte Geistliche verbanden sich oft genug
mit den Saracenen gegen ihre eignen Glaubensgenossen. Unglaube
und wahnwitziger Aberglaube, Völlerei und Unzucht und die peinlich-
sten Ceremonien des Gottesdienstes wurden in widerlicher Gemein-
schaft zur Schau getragen. Herrschsucht, Habsucht und Genußsucht
waren die Götter, denen Jedermann von Herzen diente. Ein solches
Reich, unter Greueln begonnen, unter Lastern sortgeführt, wie hätte
es bestehen sollen? Durch die Gunst der äußeren Verhältnisse, durch
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Xxii. §. 7. Gottes Bußgericht in Deutschland. 447
Gnade schrieen. Wie es schon 100 Jahre früher in Italien und von
dorther auch in Deutschland Sitte geworden war, so vereinigten sich
auch jetzt wieder große Schaaren zu schweren Bußübungen nach der
Weise der damaligen Zeit. Mit entblößtem Rücken und verhülltem
Haupte gingen sie paarweise einher, und schlugen sich selber mit har-
ten Riemen dergestalt, daß das Blut auf den Boden herabfloß. Tau-
sende zogen so aus einer Stadt in die andere, geführt von Geist-
lichen mit Kreuzen und Rauchfässern. Aus den Straßen und in den
Kirchen lagerte die Menge, sich geißelnd, ihre Sünden bekennend,
Litaneien singend und um Erbarmen schreiend. Und wohl mochten
sie Ursache haben, sich also zu demüthigen, denn die Sünden der da-
maligen Zeit waren entsetzlich und schrieen gen Himmel. Wie konnte
es auch anders sein, da so lange kein Kaiser, kein König, keine allge-
mein anerkannte Obrigkeit dagewesen war, welche Recht und Gerech-
tigkeit nachdrücklich hätte handhaben können. Die Geistlichkeit, welche
der Rohheit und Zuchtlosigkeit unter dem Volke hätte wehren und
auf die Verbesserung der sittlichen Zustände hätte hinwirken sollen,
war selbst unglaublich tief gesunken. Die meisten Priester konnten
kaum lesen, lebten in offenbarer Hurerei, und waren Helden im Zechen.
Die Mönchs- und Nonnenklöster waren so voll Liederlichkeit und ge-
meiner Wollust, daß ehrbare Eltern anstanden, ihre Söhne oder Töch-
ter dahinein zu senden. Die Gottesdienste bestanden aus Nichts als
Messelesen und sonstigem tobten äußerlichen Werk. Vom Wort Got-
tes und Predigt war keine Rede. Nur die Bettelmönche und unter
diesen auch nur die Franciscaner, fuhren auch jetzt noch fort, sich seel-
sorgerisch und predigend umherziehend des armen Volkes anzunehmen.
Aber auch die Franciscaner waren in einer ärgerlichen Spaltung be-
griffen. Der größte Theil suchte sich gleich wie die Dominicaner von
dem Joche der Armuth loszumachen und die strengen Regeln des
Franciscus durchbrechend, sich die Genüsse des Reichthums wieder zugäng-
lich zu machen. Die strengere Partei war sogar von dem Papst in
den Bann gethan und in die gleiche Classe gesetzt mit den Brüdern
des gemeinsamen Lebens, den Begharden und anderen freien Vereinen,
welche nach Möglichkeit ein gottesdienstlich apostolisches Christenleben
wiederherstellen wollten und deshalb von der Geistlichkeit der Ketzerei
bezüchtigt wurden.
Fragen wir nun nach den Erfolgen jener schweren Heimsuchungen
Gottes, die jetzt nach 500 Jahren, wenn auch in abgeschwächter Form
wiederzukehren schienen, so müssen wir sagen, sie haben damals wie
jetzt wenig ausgetragen. Denn auch jene Flagellanten oder Buß-
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Extrahierte Personennamen: Franciscus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Italien Deutschland Gottes
Xxi. §.12. Scheinbare Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Papstrc. 421
wegen, noch einmal wieder umzukehren, aber im folgenden Jahre fuhr
er wirklich nach der syrischen Küste hinüber, obgleich der Papst wegen
jener Umkehr bereits den Bann über ihn gesprochen und seine italieni-
schen Länder anzugreifen begann. Durch geschickte Unterhandlungen
mit dem ägyptischen Sultan Kamel, der damals Jerusalem inne hatte
und die Verbindung Friedrich's mit seinem Feinde, dem Sultan von
Damascus, fürchtete, kam der Kaiser fast ohne Schwertstreich in den
Besitz von Jerusalem und fast alles Landes, welches früher die Kreuz-
fahrer besessen hatten. Durch seine Gemahlin, die von der frühern
jerusalemischen Königsfamilie abstammte, hatte Friedrich Erbansprüche
auf das Königreich und setzte sich 1229 in der heil. Grabeskirche die
jerusalemische Königskrone auf das Haupt. Es war, als wollte der
Herr der verblendeten Christenheit zeigen, mit wie geringer Mühe jene
heiligen Stätten zu gewinnen seien, wenn Er es nicht hinderte. Er
hinderte es aber jetzt nicht mehr, weil bei Friedrich's Sinn und Ge-
müthsart sich durchaus keine weiteren Folgen an diese Besitznahme knüpf-
ten. Denn Friedrich war kein so eifriger Katholik, daß er um des
Glaubens und um Gottes willen den Kreuzzug unternommen, oder auf
die neue Königskrone einen bedeutenden Werth gelegt hätte. Er wollte
der einmal übernommenen Pflicht genügen, da sonst kein Mittel war,
seine Ehre vor der Christenheit zu retten und dem übel gesinnten Papst
den Vorwand zu seinen feindlichen Maßregeln zu rauben. Deshalb
kehrte er auch eiligst nach Italien zurück, vertrieb die päpstlichen
Truppen aus seinen Grenzen und bot dann selber die Hand zum
Frieden, die der Papst annahm (1230), da er auf keine fremde Hülfe
gegen den kriegsmächtigen Kaiser zählen konnte. Für mehrere Jahre
blieb nun der Friede zwischen den beiden Oberhäuptern der Christen-
heit hergestellt. Aber das neugewonnene Königreich Jerusalem ging
eben so schnell wieder verloren, als es errungen war, nicht so sehr durch
die Uebermacht der Saracenen als durch die elenden und schändlichen
Streitigkeiten der dort vorhandenen Christen. Es war, als hätte sich
der Fluch, den der Herr über die messtasmörderische Stadt gesprochen,
auf alle die Retter und Vertheidiger derselben zurückgewandt. Die
Geistlichen, die Ordensritter, die päpstlichen Legaten, die kaiserlichen
Behörden, Alles stand mit solcher Bitterkeit, mit solch offenem Haß und
geheimen Ränken einander gegenüber, daß jeder Theil viel lieber Stadt
und Land wieder in die Hände der Saracenen hätte fallen sehen, wenn
nur die Gegenpartei dadurch Schaden litte. Der Herr machte diesem
Unwesen bald ein Ende. Nachdem (1239) die Ritter und Barone dem
Vertrag zuwider die Mauern von Jerusalem wieder aufgebaut hatten,
eroberte der Sultan Jsmael von Damascus die Stadt und ließ die
Befestigungen wieder schleifen. Und als vier Jahre später die halbzer-
störte offene Stadt noch einmal durch kaiserliche Unterhandlungen in
christliche Hände gekommen war, da brauste sofort, gleich als hätte er #
nur darauf gewartet, der schreckliche Sturm der türkischen Chowares-
mier durch's Land und vernichtete auch den letzten Anschein von Mög-
lichkeit, als ob je wieder ein jerusalemisches Königreich erstehen könnte.
Die wenigen Punkte an der Küste des Mittelmeeres, die noch in den
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Extrahierte Personennamen: Damascus Friedrich_Erbansprüche Friedrich Friedrich Friedrich Jsmael_von_Damascus
Xxii. §. 15. Innerer Verfall des Papstthums. 473
ßen den betrogenen Kaiser im Stich. Er suchte gegen sie eine halbe
Welt in Bewegung zu setzen, aber sie wußten sich mit den übrigen
Gegnern abzufinden und ließen den deutschen Kaiser ihre Rache dop-
pelt empfinden. Eine Zeitlang schien ganz Italien schon ihre Beute
zu sein. Aber Neapel wurde ihnen von den Spaniern wieder ent-
rissen und ist seitdem mehrere Jahrhunderte lang unter spanischem
Scepter geblieben. Auch aus Mailand wurden sie wieder verjagt,
über die Alpen zurückgetrieben, in ihrem eignen Lande angegriffen.
Aber Franz I., der junge ruhmbegierige Held, der nach seines Vet-
ter Ludwig's Xii. Tode 1518 den Thron bestieg und uns durch die
ganze Reformationszeit stets als ein böser Nachbar zur Seite bleiben wird,
erschien unmittelbar nach seiner Krönung mit einem auserlesenen Kriegs-
heer wieder in Italien und gewann durch die große Schlacht von M a r e g-
nano nicht bloß das Herzogthum M a ila n d , sondern den entscheiden-
den Einstuß im ganzen nördlichen Italien und die Obmacht über die Päpste.
§. 15. Innerer Verfall des Papstthums.
Die Papstgewalt war emporgekommen in einer unklaren Zeit,
da das geschichtlich begründete Maß der Rechte eines römischen Bi-
schofs schwer zu erkennen war. Ihre Stütze und Unterlage war die
allgemeine Sehnsucht nach einer sichtbaren Einheit, einem menschli-
chen Oberhaupt der Kirche. Denn die roheren, erst langsam aus
heidnischen Anschauungen sich heraufarbeitenden Völker konnten sich
bei der unsichtbaren Gemeinschaft der Gläubigen und der Verehrung
eines unsichtbaren Oberhauptes nicht beruhigen. Sie bedurften nach
ihrer Meinung einer Priesterschaft, sichtbarer Veranstaltungen, irdi-
scher Mittelspersonen, um den Verkehr der Christen mit dem Him-
mel zu vermitteln, um die Gebete, Gelübde und Opfer jedes Einzel-
nen vor Gott zu bringen und dagegen die göttliche Antwort und Ab-
solution dem Flehenden zu verkündigen. Ein solcher Jrrthum konnte
sich um so leichter verbreiten und festsetzen, weil eine genügende Kennt-
niß des Wortes Gottes nur in sehr kleinen Kreisen zu finden war
und der Werth der äußeren Zeichen der Frömmigkeit und „guten
Werke" längst gegen die Bekehrung und Heiligung des inwendigen
Menschen weit überschätzt zu werden pflegte.
Schon frühe hatte die Anrufung der Maria und der Heiligen
das Gebet zu Gott und Christo in den Hintergrund gedrängt. Durch
Einführung des Rosenkranzes wurde das Gebet noch armseliger; da-
gegen geschah Alles, um die Maria in den Augen des Volkes zu
heben. Neue Feste wurden um ihretwillen eingeführt, thörichte Le-
genden zu ihrer Verherrlichung ersonnen, die Zahl der Heiligen in
immer stärkerm Maße vermehrt. Die Masse der Reliquien ging be-
sonders seit der Zeit der Kreuzzüge in's Unglaubliche; allem Betrug
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Extrahierte Personennamen: Franz_I. Franz_I. Maria Christo Maria Maria
Extrahierte Ortsnamen: Italien Neapel Mailand Ludwig's Italien Italien Gottes Maria
474 Xxii. §. 15. Innerer Verfall des Papstthums.
und Aberglauben war Thor und Thür geöffnet, und die „frommen
Erfindungen" nahmen kein Ende. Der Gottesdienst wurde all-
malig zum leeren Gepränge eines priesterlichen Opferdienstes. In
unerhörter Weise wurden die Messen vervielfältigt und in den Augen
des Volkes gehoben, damit die Priester desto größer» Gewinn davon
hätten. Noch reichern Ertrag brachte die neue Erfindung der Ab-
laßzettel, wonach man für beliebige Preise eine beliebige Anzahl Sün-
den bezahlen und eine größere oder kleinere Quantität der Höllen-
strafen abkaufen konnte. Die gelehrten Theologen jener Zeit, die
Scholastiker, wußten jede noch so widersinnige Behauptung der Kirche
durch Vernunftbeweise zu begründen und verstiegen sich in die unbe-
greiflichsten Behauptungen. Die Lehre vom Fegfeuer, vom Schatz der
guten Werke, über welchen die Kirche zu disponiren habe, vom Blute
Christi, welches in der Hostie oder dem verwandelten Leibe Christi
mit enthalten sei, so daß der Kelch beim Abendmahl nicht vertheilt
werden dürfe; die Lehre von der unbefleckten Empfängniß Mariä
und ihrer mütterlichen Gewalt über den Herrn Jesus im Himmel,
die Lehre von der Unfehlbarkeit der Kirche, von der Heiligkeit des
kirchlichen Amtes trotz aller sittlichen Gemeinheit der priesterlichen
Personen, die Lehre, daß die bedingungslose Unterwerfung unter die
Gebote und Entscheidungen der Kirche der alleinige Weg sei, um in
den Himmel zu kommen — wozu konnte dergleichen anders dienen,
als zur Verwirrung der Gemüther und zur Entsittlichung der unwis-
senden Menge? .Woher hätten die richtigeren Begriffe, woher bi-
blische Klarheit und Erkenntniß ihnen kommen sollen? Die Predigt
war so gut wie ausgestorben. Die meisten Pfarrer konnten nicht ein-
mal predigen; und wo sie es noch thaten, da tischten sie ihren Zu-
hörern die elendesten Fabeln auf, erzählten die widersinnigsten Legen-
den und Wundergeschichten; oder wo sich etwa noch ein Rest schola-
stischer Gelehrsamkeit bei ihnen vorfand, da verstiegen sie sich zum
Theil in die unfruchtbarsten Probleme und unverständlichsten Lehrsätze,
von denen weder sie selbst noch das Volk einen Eindruck auf das Herz
gewinnen konnten. Sah aber die Gemeinde auf das Leben seiner
Geistlichen, so erblickte sie mit geringen Ausnahmen einen großen
über die ganze Kirche ausgebreiteten Sündenpfuhl. Das unselige
Cölibatsgesetz hatte die Unzucht in allen ihren Formen zu einer ver-
meintlichen Nothwendigkeit gemacht. Die Kleriker suchten ihre Wol-
lustsünden nicht einmal mehr zu verbergen, sie waren die schlimmsten
Verführer ihrer weiblichen Gemeindeglieder. Auch die Klöster, so-
wohl Mönchs- als Nonnenklöster, waren anerkanntermaßen die Haupt-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Ortsnamen: Christi Christi Empfängniß_Mariä
478 Xxir. §. 15. Innerer Verfall deö Papstthums.
Vollendung sehr ausführlich in Gottes Wort dargestellt stnd, dagegen
die durch die Reformation erneuerte Christenheit eigentlich nirgend er-
wähnt wird. Selbst die Thatsache der Reformation, die doch unseren
Augen als eine der bedeutendsten, ja die bedeutendste Epoche in der
Geschichte der christlichen Kirche erscheint, wird von der Weissagung
nur mit so leisen Zügen angedeutet, als ob durch sie gar nicht ein
so gewaltiger Umschwung herbeigeführt sei. Zwar sie sind nicht
vergessen, die jungfräulichen Seelen, die als heiliger Same des
ausgearteten Weibes kämpfen wider den Drachen, und „den
Sieg behalten hatten an dem Thiere und seinem Bilde und seinem
Maalzeichen und seines Namens Zahl." Wir hören auch den Geister-
ruf erschallen: „Gehet aus von ihr, mein Volk, daß ihr nicht theil-
haftig werdet ihrer Sünden, auf daß ihr nicht empfanget etwas von
ihren Plagen." Allein auch das erscheint mehr als ein Fortgehendes,
sich durch längere Zeiträume öfter Wiederholendes, als eine einmalige
zu einem bestimmten Bruch und zur Entscheidung führende Thatsache.
Denn so schmerzlich für uns auch das Zugeständniß ist, so dürfen wir
es uns doch nicht verhehlen, daß auch durch die Reformation noch kei-
neswegs eine apostolische Erneuerung und Läuterung der Christenheit
herbeigeführt ist, daß die Masse der protestantischen Christenheit auch*
heute noch, und gerade recht heut zu Tage, von dem alten Hurenwesen,
von Abfall und Lästerung eben so erfüllt ist, wie die katholische
Welt, daß auch auf unserer Seite nur eine verhältnißmäßig kleine Zahl
es ist, welche die jungfräuliche Reinheit apostolischer Zeiten als ihren
Schmuck und Siegel aufweisen kann. So hoch wir also auch das Gottes-
werk der Reformation zu preisen haben, als das Mittel, durch
welches uns und vielen Tausenden das Licht wieder aufgegangen ist in
der Finsterniß, so müssen wir doch sagen, daß im Großen und Ganzen
das Verhältniß der Christenheit zum Herrn wesentlich dasselbe geblie-
den ist.
Es wiederholt sich, wie schon öfter bemerkt ist, die Geschichte des
israelitischen Gottesstaates in der Geschichte der christlichen Kirche. Auch
in Israel gab es einst eine glänzende theokratische Herrschermacht, der
alle Könige der Welt Geschenke brachten, auch dort gab es geistliche
Hurerei und Abfall, der die Stimme der Propheten nicht wehren konnte;
auch dort erfolgte ein Schisma und eine babylonische Gefangen-
schaft, wie Luther von einer babylonischen Gefangenschaft der Kirche
zu schreiben wußte. Aber eine neue Zeit brach an. Ein kleiner Rest
des Gottesvolkes kehrte wieder nach Jerusalem, erbaute daö zertrüm-
merte Gotteshaus, hielt sich wieder zum Gesetz und Zeugniß, gab den
von Gott gesandten Propheten die Ehre, kämpfte muthig gegen die
feindlichen halbheidnisch gewordenen Nachbarn, und behielt schließlich
den Sieg. Aber wie ging es weiter? Pharisäer und Sadducäer stan-
den bald wider einander, gleichgültig oder fanatisch stand die Menge
umher. Als der antichristische Ep ip Han es herein brach, fielen ihm
Hirten und Heerden mit Haufen zu, und nur ein sehr geringer Bruch-
theil war es, der widerstand bis auf's Blut und sein Leben reicht lieb
hatte, wo es galt, das ewige Leben zu gewinnen. Das ist, soweit
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502
Xxiii. §. 8. Die Wiedertäufer.
Erfüllung der göttlichen Gebote, auch der altteftamentlichen forderten,
dort Andere, welche sich von jeder Befolgung der Gebote, auch von
der Feier des Sonntags völlig los und frei erachteten. Hier fordern
die Einen Gütergemeinschaft, dort lösen Andere die Ehe auf, oder west
gern Eid und Kriegsdienst — Alle aber kommen darin überein, daß
sie und nur sie die rechte Erleuchtung hatten, und zwar durch un-
mittelbar göttliche Eingebung. Von der Schweiz haben sie sich ver-
breitet durch ganz Oberdeutschland. Wir finden sie in Schwaben, in
Salzburg, in Mähren, in Schlesien, auch in Preußen und Thüringen.
Am gewaltigsten aber brachen sie sich Bahn in den Niederlanden.
Dort, wo das Evangelium auf das Grausamste verfolgt und unterdrückt
ward, brach der unklare Eifer in die schlimmsten Verirrungen, in die
thörichtsten Erwartungen irdischer Herrschaft und Glückseligkeit aus.
Von dort verpflanzte sich der wilde Fanatismus nach Münster, wo
er 1533—35 der erschrockenen Welt das Schauspiel gab, bis wohin
der sich selbst überhebende Menschengeist, der alle Zucht haßt, auch in
religiösen Dingen sich verirren kann, und welch furchtbaren Ausgang
solche Menschenfündlein nehmen.
In Münster hatte, wie in mehren der bedeutendsten Städte West-
phakens, die Reforination sich bereits einen Heerd gegründet. Rath und
Prediger der Stadt waren der neuen Lehre zugethan. Ihren Bischof
hatten sie ausgeschlossen, alle Widerstrebenden aus der Stadt gejagt.
Wir werden noch öfter sehen, daß solche gewaltsam — mit dem Schwert
— begonnenen Reformationen einen kläglichen Fortgang nehmen.
Der bedeutendste Prediger und Führer der Evangelischen in Münster:
Rottmann, der sich um so feuriger auf neue Dinge warf, je weniger
er gewillt war, sein Fleisch in strenge Zucht zu nehmen und seine Be-
gierden zu ertödten, hatte die wiedertäuferischen Lehren angenommen,
gepredigt und einzuführen gesucht. Zu seinem Beistand rief er die be-
rühmtesten wiedertäuferischen Propheten aus Holland herbei. Sie ka-
men, Jan Matthhs und Jan Bockelson (von Lepden) mit einer
großen Schaar Gleichgesinnter. Schnell geberdeten sie sich als die Her-
ren der Stadt. Der ruhigere und ehrbarere Theil der Bürgerschaft
wollte das nicht leiden. Es kam zum Kampf. Aber die Propheten
mit ihrem Anhang, die anfangs nur geschont waren, wurden bald über-
mächtig. Mitten im Winter, nackt und hülstos, jagten sie die ganze
gegnerische Partei — die Söhne Esau's — zur Stadt hinaus, und
nahmen ihr Erbe ein. Jetzt ward in Münster Alles durch Prophetenwort
geleitet. Durch neue prophetische Eingebung wurden Rathmänner und
Richter eingesetzt, wurden Apostel ausgesandt, wurden neue Gesetze ge-
geben, Gütergeineinschaft eingeführt, endlich auch Vielweiberei. Nur
Eins war noch übrig, daß einer der Propheten den Königötitel annahm.
Auch das geschah. Nachdem Jan Matthys in einem Ausfall gegen
das Belagerungsheer des Bischofs gefallen, setzte sich Jan Bockelson
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Xxiv. §. 1. Jesuiten und Inquisition.
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von geistlichen Uebungen, als Fasten, Gebete, Betrachtungen, Selbst-
prüfungen, Entschlüsse, Gelübde, die zu bestimmter Zeit und nach fest-
stehender Regel mit einander wechselten. Zum zweiten aber in der
feindlichen Welt. Und da wollte der tapfere Kriegsmann zuerst nach
Weise der alten Kreuzfahrer im gelobten Lande gegen die Türken
den Kampf beginnen. Er reiste wirklich nach Jerusalem, und gewann
später, da er auf der Universität zu Paris seine theologischen Studien
machte, eine kleine Schaar Gefährten für denselben Zweck. Da sie
aber (1537) nach Venedig kamen, um ihre Wallfahrt nach Jerusalem
zu beginnen, fanden sie bald, daß das für jetzt unmöglich und auch
unnütz sei. So entschlossen sie sich denn, als eine Compagnie Jesu ihre
Dienste dem Papst anzubieten, zu unweigerlicher und uneigennütziger
Ausführung aller seiner Befehle, in jedes Land wollten sie gehen,
zu Türken, Heiden und Ketzern, wohin er sie senden werde. Der Papst
nahm keinen Anstand, diese eifrige und thatkräftige Verbindung zu be-
stätigen (1540). Er sah auf der Stelle, welchen Nutzen er von ihr
werde ziehen können. Einen solchen Orden hatte es noch nie gegeben.
Wie weit lag die stille Beschaulichkeit der alten Einsiedler und Klöster-
mönche, wie weit die gemüthliche Volkspredigt der Bettelmönche von
den Tendenzen dieser kriegerischen Ordensbrüder fern. Schnell hatte
ihr geistlicher Eifer, ihre beredte Predigt, ihr geschickter Unterricht,
ihre Selbstverleugnung in der Krankenpflege, zahlreiche Anhänger her-
beigezogen. Da ließ sich Ignaz förmlich zum Hauptmann, vielmehr
zum General der ganzen Verbindung ernennen. Ihm war Alles zu
militärischem, pünktlichem, unbedingtem Gehorsam verpflichtet. Klöster
zu errichten, erschien als unwesentlich, Klostertrachten und Klosteran-
dachten waren von keiner Wichtigkeit — die Hauptsache war: zu Felde
liegen gegen die Feinde des Papstthums, beständig in Bewegung, in
jeder Stadt, in allen Ländern, wohin auch immer der Dienst sie rufen
mochte, welche Forderungen auch an sie gestellt wurden. Vor Allem
erfüllten sie Spanien, ihr Heimathland, von Portugal aus zogen sie
schaarenweise nach den portugiesischen Besitzungen in der Heidenwelt,
nach Brasilien, nach Ostindien, nach China und Japan. Man fand
sie in Aethiopien, wie man sie in Deutschland und Frankreich fand,
wir werden ihnen in Schweden und Polen begegnen. Zur Heranbil-
dung neuer Ordensglieder (Professen) wurden hier und da Collegien
gegründet. Geistliche Coadjutoren oder Scholastiker leiteten die Un-
terweisung der Novizen, weltliche Coadjutoren sorgten für die äußeren
Angelegenheiten der Gesellschaft und ihrer Häuser. Jedes Talent wurde
brauchbar gemacht, jede eigenthümliche Begabung durste sich frei und
ungehindert entwickeln, aber alle wurden in strengster Unterwürfigkeit
unter die Befehle der Oberen nur auf das eine Ziel hingerichtet, wur-
den sorgfältig eingeübt mit allen Mitteln, guten und bösen, die eine
große Sache zu erstreben: Befestigung und Ausbreitung des Katholi«
cismus, Ausrottung aller Ketzer.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude]]
TM Hauptwörter (200): [T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Ignaz
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Paris Venedig Jerusalem Spanien Portugal Brasilien Ostindien China Japan Deutschland Frankreich Schweden Polen
Xxv. §. 4. Pietismus und Rationalismus in Deutschland. 573
Secten oder Jrrlehrer; sie standen noch immer wie auf der Warte, um
auch die geringste Abweichung von der festgestellten Lehrweise auszu-
spüren und sofort auf Tod und Leben zu bekämpfen. Darüber ver-
gaßen sie aber des hinschmachtenden Volkes zu ihren Füßen, liefen mit
Kolben und Streitart an den: Unglücklichen, der unter die Mörder
gefallen war, vorüber, um den Mordgesellen nachzulaufen, unbekümmert,
ob der auf den Tod Verwundete inzwischen qualvoll umkäme. Wir
müssen leider noch mehr sagen. Selbst da, wo nun ein barmherziger
Samariter auftrat, der vor allen Dingen sich das Trösten, Erquicken,
Verbinden und Heilen des armen Volks zu seiner Lebensaufgabe machte,
singen die streitfertigen Eiferer an zu mäkeln und zu schelten, und
kehrten wohl gar ihre Waffen gegen ihn. Wie viel haben die theuren
Gottesmänner, die wahrhaft barmherzigen Samariter, ein Spener
(ff 1705), ein Franke (ff 1727), von ihnen zu leiden gehabt. Aber
desungeachtet fehlte es ihnen nicht an Schülern und Nachfolgern. Von
Halle gingen Hunderte junger Theologen aus, die vor den Gemeinden
wieder das Evangelium als süßes Fried- und Freudenwort erschallen
ließen, und Hunderttausende evangelischer Herzen erbauen sich noch heute
mit inniglicher Dankbarkeit an den theuren Liedern und Erbauungs-
schriften eines Woltersdorf, Frehlinghausen, Schmolke, Rie-
ger, Bog atzky und wie die werthen Gottesknechte weiter heißen.
Aber diese einzelnen liebeglühenden Seelen vermochten doch nicht in
weiteren Kreisen die Eiseskälte aufzuthauen, welche sich hin und her
über die protestantische Kirche gelegt hatte. Was Wunder, daß bald
hier, bald dort und immer häufiger sich kleine Schaaren absonderten,
die Kirche verließen und separirte Gemeinden von lauter heilsbegierigen
Gliedern stifteten. Noch steht unter uns in Liebe und Ehre die reich-
gesegnete Brüdergemeinde des Grafen Zinzendorf. Ihre Entstehung
fällt in jene Zeit, von der wir reden (1722). Viele andere kleinere
Gemeinschaften entstanden vor ihr und nach ihr aus ähnlichem Be-
dürfniß. Aber unberathen und ungeleitet sind sie zum Theil in gefähr-
liche Jrrthümer und auf verderbliche Wege gerathen und fast sämmtlich
untergegangen. Auf der andern Seite aber erhoben sich bereits jene
Jrrgeifter, die wir schon in England und Frankreich kennen gelernt,
die Freidenker und Leugner der göttlichen Offenbarung. Zwar nicht
gleich so öffentlich, so frech, so schamlos wie in Frankreich, sondern
ganz ehrbar, bescheiden, philosophisch wie in England, ließ sich die
Sache an. Es wurde anfangs nur erst im engern Kreise der Gelehr-
ten über die Fragen verhandelt, ob denn die Bibel wirklich Gottes
Wort sei, und wie man sie auszulegen habe. Da führten noch per-
sönlich sehr fromme und von Herzen gläubige Männer das Wort, ein
Ernesti, Semler, Michaelis und Wettstein. Aber schon hatten
sie den Fuß auf die schiefe Ebene gesetzt, die ihre Schüler und Nach-
folger schnell in jähem Absturz in die Tiefen eines nackten und trost-
losen Unglaubens hinabreißen sollte. Die von Frankreich herüberstrei-
chende Luft versetzte unmerklich auch unser Volk in den Taumel, der
den Jrrthum mit der Wahrheit, die Finsterniß mit dem Licht, das
Verderben mit dem Heile verwechselt. Man fing damit an, an den
i
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude]]
TM Hauptwörter (200): [T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T106: [Kloster Jahr Schule Mönch Kirche Kind kranke Frau arme Knabe], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke]]
Extrahierte Personennamen: Ernesti Michaelis
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Frehlinghausen England Frankreich Frankreich England Wettstein Frankreich